06.11.2017

Pferde eindecken? Ja? Nein?

Ich habe mich für ein „Nein“ entschieden.
Das Decken-Thema im Herbst ist so heiß diskutiert, dass einem die Schweißperlen schon die Stirn heruntertropfen.
Angefangen von Decken mit keiner Füllung bis Decken mit „Nordpol-Feeling“ ist alles dabei.
Da beginnt auch schon das Drama: Wie warm wird es heute? – Gleich in der Früh mal die Wetter-App checken! So ok, in der Früh ist es kalt zu Mittag soll die Sonne scheinen, hm ok also 20 Grad Plus ?! und am Abend bekommen wir so bald die Sonne weg ist wieder Frostbeulen.
Jeder der jetzt sein Pferd in einem Stall stehen hat und die Pfleger so fit sind und die Pferde um- beziehungsweise abdecken hat es einfach. Die „Gute Nacht Decke“ wird in der Früh sobald die ersten Sonnenstrahlen funkeln abgenommen, das Pferd darf in der warmen Sonne auf der Koppel stehen – sollte es doch plötzlich kalt werden oder regnen wird natürlich rasch gleich wieder die richtige Decke aufs geliebte Pferd gelegt. Am Abend dann wieder die „Gute Nacht Decke“ drauf und alles ist gut – Bilderbuch Vorstellung.
Die Realität sieht anders aus. Wildes herumtelefonieren von einem Einsteller zum anderen. „Wie warm ist es im Stall?“ „Kann bitte jemand mein Pferd umdecken?“ „Oh nein es ist zu kalt, die Decke liegt in meinem Kasten rechts, biiiitteeee schnell, sonst erfriert er!“ oder „Mein Pferd hat noch die Decke von gestern oben als es 5 Grad hatte, heute hat es 20 Grad – Kolikgefahr, bitte nehmt ihm die Decke ab, er überhitzt.“

Selten ist es möglich, dass die eigenen Pferde so von uns betreut werden können.

Ich bin darauf gekommen als ich meine Amy gekauft habe im Jänner – inklusive Decke…
Für mich war es das erste eigene Pferd und ich kannte mich 0 aus mit Decken. Da war es klar, dass mich die vielen verschiedenen Meinungen nur noch mehr verwirrt haben.
Noch dazu ist unser heutiges Klima so verrückt, dass man nicht mehr von „Winter“ reden kann.

Alex auf Amy im Winter

Ich hatte dieses Drama eine Saison lang. Danach wollte ich mir das nicht mehr antun. Das Jahr darauf wurde Amy NICHT eingedeckt und sie lebt noch immer trotz den Horror-Geschichten wie „Wenn ein Pferd immer eingedeckt worden ist bekommt sie kein Winterfell mehr… Ähm ja na dann…
Das Winterfell kommt nicht von der Kälte, sondern von der verkürzten Sonnenstunden im Herbst und im Winter. Sobald es später hell und früher dunkel wird fängt das Fell an sich auf die kommenden Monate vorzubereiten.
Natürlich hat Amy auch gezittert – ich natürlich wieder gleich mit den Gedanken „oh Gott sie erfriert doch“ – Blödsinn – ich zittere im Winter ja auch und bin noch nicht zur Eisstatue geworden.
Aber dieses zittern ist in Wahrheit eine Reaktion von einem ausgeklügelten Mechanismus des Körpers zur Wärmeregulation. Die Natur hat sich nämlich etwas dabei gedacht: Die Haut des Pferdes ist eher dicker, somit hat es da schon mal eine gute Schutzschicht. Das Fell wird dann der Witterung durch den Fellwechsel angepasst. Pferde sind in der Lage ihre Haarbalgmuskeln individuell steuern zu können. Je nachdem stellen sie diese auf, drehen sie oder legen sie an – eine natürliche Klimaanlage – welche unter einer Decke nicht funktioniert, denn durch den Druck der Decke auf das Fell sind Pferde nicht mehr in der Lage diese zu bewegen.
Ein weiterer Faktor ist, dass ein Pferd sich nur zur Gänze warmhalten kann. Das heißt, dort wo keine Decke aufliegt: Beine, Bauch, eventuell Hals (wenn die Decke keinen Halsteil hat) und Kopf friert das Pferd entweder oder es schwitzt unter der Decke, sollte es die Körperwärme hoch halten wollen – durch diese Prozesse ist es dann auch anfälliger auf Krankheiten.

Die Wohlfühltemperatur der Pferden liegt bei -15 bis +25 Grad, wobei die optimalste Temperatur bei gerade mal +5 Grad liegt - die Luft sollte dabei allerdings trocken sein.
Wir sehen schon… sehr weit entfernt von unseren Vorstellungen der Wohlfühltemperaturen.

Natürlich gibt es immer wieder Fälle in denen das Eindecken sinnvoll ist, z.B. bei alten oder kranken Pferden.

Niemals sollte ein Pferd eingedeckt werden nur weil es für den Besitzer „angenehmer“ ist es weniger viel putzen zu müssen.
Dazu sei gesagt, dass eine gewissen „Schmutzschicht“ wieder super gegen die Kälte entgegen wirkt. Zu gutes putzen ist im Winter sogar eher kontraproduktiv, denn die natürliche Talgschicht schützt das Pferd wieder vor eisiger Kälte. Und wenn euer Pferd mal eine schöne Gatschschicht oben hat ist das auch mehr eine natürliche wärmende Decke, die es sich selbst verpasst hat.
Das ist zumindest meine Meinung wenn ihr das anders seht ist das natürlich auch ok, jeder kennt sein Pferd am besten und weiß was gut für sie/ihn ist und was es braucht. Das soll nur eine kleine lustige Geschichte mit ein paar Infos seien, die mein Chaos wieder darstellen soll, welches ich mit dieser Deckenzeit verbinde.
Amy und ich wünschen einen schönen Herbst und einen tollen Winterbeginn.

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